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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 16.06.2008
Aktenzeichen: 5 TaBV 10/08
Rechtsgebiete: BetrVG
Vorschriften:
BetrVG § 87 |
Tenor:
1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 19.12.2007 - 1 BV 49/07 - wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I. Der Antragsteller ist der Betriebsrat des von der Antragsgegnerin in der Merkurstraße in Kaiserslautern betriebenen Verbrauchermarktes, in dem ca. 200 Mitarbeiter beschäftigt sind. Am 29.05.2006 haben die Betriebspartner, soweit vorliegend streitgegenständlich und maßgeblich, eine Vereinbarung zur Regelung der betrieblichen Arbeitzeit, hinsichtlich deren weiteren Inhalts auf Blatt 5 bis 13 der Akte Bezug genommen wird, geschlossen. Hinsichtlich des Wortlautes des § 5 dieser Betriebsvereinbarung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die wörtliche Darstellung auf Seite 2, 3 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 47, 48 d. A.) Bezug genommen. Am 21.06.2007 beteiligten sich in der Zeit von 06:00 Uhr bis ca. 08:30 Uhr etwa 20 bis 25 Arbeitnehmer des Marktes Kaiserslautern während ihrer an sich eingeplanten Arbeitszeit an einem von der Gewerkschaft ver.di organisierten Warnstreik. Die streikbedingt ausgefallene Arbeitszeit wurde durch den Arbeitgeber nicht auf dem Arbeitszeitkonto des betreffenden Mitarbeiters bzw. der betreffenden Mitarbeiterin gebucht, sondern lohnmindernd berücksichtigt. Die streikenden Mitarbeiter hatten sich im elektronischen Zeiterfassungssystem erst angemeldet, als sie nach Beendigung des Warnstreiks an den Arbeitsplatz kamen. Der Betriebsrat hält diese Verfahrensweise des Arbeitgebers für einen Verstoß gegen § 5 Abs. 2 der Betriebsvereinbarung. Zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen streitigen Sachvortrages des Betriebsrates wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 3 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 48 d. A.) Bezug genommen. Der Betriebsrat hat beantragt,
festzustellen, dass durch die Teilnahme an einem (Warn-)Streik entstehende Minusstunden nicht zu einer unmittelbaren entsprechenden Lohnkürzung berechtigen, vielmehr nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung vom 29.05.2006 (Betriebsvereinbarung zur Regelung der betrieblichen Arbeitszeit) als Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto der betroffenen Arbeitnehmer zu verbuchen sind. Die Arbeitgeberin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen. Die Arbeitgeberin hat vorgetragen,
da es in der einschlägigen Betriebsvereinbarung an einer ausdrücklichen Regelung hinsichtlich der Zeiten der Teilnahme an einem Arbeitskampf fehle, die Teilnahme an einem rechtmäßigen Arbeitskampf die Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis aber suspendiere und wegen fehlender Arbeitspflicht folglich auch kein Anspruch auf Arbeitsentgelt bestehe, sei sie nicht verpflichtet gewesen, die Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto der betreffenden Arbeitnehmer zu verbuchen. Sie sei im Verhältnis zu den einzelnen Arbeitnehmern zu den einzelnen Arbeitnehmern auch gar nicht berechtigt gewesen, die wegen der Teilnahme am Streik ausgefallenen Stunden von deren Arbeitszeitguthaben abzuziehen. Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat den Antrag des Antragstellers daraufhin durch Beschluss vom 19.12.2007 - 1 BV 49/07 - abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts der Gründe wird auf Blatt 47 bis 51 der Akte Bezug genommen. Gegen den ihm am 18.01.2008 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller durch am 18.02.2008 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Er hat die Beschwerde durch am 18.03.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet. Der Beschwerdeführer wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, der Wortlaut der Betriebsvereinbarung (§ 5 Abs. 2) spreche eindeutig für die Auffassung des Beschwerdeführers. Denn dort sei geregelt, dass alle Plus-, Minder-, und Mehrarbeitsstunden auf dem für jeden Mitarbeiter zu führenden Arbeitszeitkonto erfasst und saldiert würden. Dies sei einer anderen als von ihm bevorzugten Auslegung nicht zugänglich. Die Betriebspartner hätten damit sehr wohl hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass auch streikbedingte Ausfallzeiten von der Regelung erfasst würden. Zur weiteren Darstellung der Auffassung des Beschwerdeführers wird auf die Beschwerdebegründung vom 18.03.2008 (Bl. 76 - 81 d. A.) Bezug genommen. Der Beschwerdeführer beantragt,
in Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichtes Kaiserslautern vom 19. Dezember 2007, Az.: 1 BV 49/07, wird festgestellt, dass durch die Teilnahme an einem (Warn-)Streik entstehende Minusstunden nicht zu einer unmittelbaren entsprechenden Lohnkürzung berechtigen, vielmehr nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung vom 29. Mai 2006 (Betriebsvereinbarung zur Regelung der betrieblichen Arbeitszeit) als Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto der betroffenen Arbeitnehmer zu verbuchen sind. Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin verteidigt die angefochtene Entscheidung und hebt insbesondere hervor, dass die Betriebsvereinbarung zur Regelung der betrieblichen Arbeitszeit im Rahmen der Mitbestimmung nach § 87 BetrVG erfolgt sei. Deshalb sei bei ihrer Auslegung insbesondere hinsichtlich des Begriffs der Arbeitszeit der kollektivrechtliche Inhalt gem. § 87 BetrVG zugrunde zu legen. Daraus ergebe sich, dass der Arbeitgeber hier den individualrechtlichen Zusammenhang der Streiktage gar nicht habe regeln wollen. Im Übrigen seien die Betriebspartner zur Regelung dieser Frage im Verhältnis zu den Einzelbeschäftigten auch gar nicht berechtigt. Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Beschwerdegegnerin wird auf die Beschwerdeerwiderung vom 14.04.2008 (Bl. 86, 87 d. A.) Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, die Gegenstand der mündlichen Anhörung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.
Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 16.06.2008.
II. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, also statthaft; sie erweist sich auch sonst als zulässig.
Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass der Antrag des Antragstellers und Beschwerdeführers unbegründet ist. Die Kammer teilt ausdrücklich die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass der Arbeitgeber vorliegend mit dem vom Betriebsrat beanstandeten Verhalten nicht gegen die Betriebsvereinbarung vom 29.05.2006 verstoßen hat.
Für die Auffassung des Betriebsrats spricht zwar mit dem Arbeitsgericht zunächst der Wortlaut des § 5 Abs. 2 der Betriebsvereinbarung. Danach sind alle Abweichungen zur vertraglichen bzw. tariflichen Wochenarbeitszeit auf dem Arbeitszeitkonto zu erfassen und zu saldieren. Darunter fallen aber entgegen der Auffassung des Betriebsrats nicht streikbedingte Minderarbeitsstunden.
Das ergibt sich bereits im Wege der systematischen Auslegung aus § 5 Abs. 3 bis 6 der Betriebsvereinbarung. Dort sind ausdrücklich für bestimmte Gruppen von Mitarbeitern Grenzen für Zeitguthaben und Zeitschulden geregelt. Grundlage für die Rechnung von Zeitguthaben und Zeitschulden ist nach § 5 Abs. 2 der Betriebsvereinbarung die im einschlägigen Tarifvertrag vorgesehene Regelarbeitszeit oder eine abweichende hiervon einzelvertraglich festgelegte Arbeitszeit.
Entscheidend ist, auch insoweit folgt die Kammer dem Arbeitsgericht, dass sich dieses aus dem Tarifvertrag bzw. im individuellen Arbeitsvertrag ergebende Zeitsoll ohne weiteres vermindert um die Zeiten, in denen der Arbeitnehmer an einem rechtmäßigen Arbeitskampf teilnimmt.
Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 6 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 51 d. A.) Bezug genommen.
Hätten die Betriebspartner den Gegenstand der Betriebsvereinbarung über den üblicherweise für ein Arbeitszeitkonto maßgeblichen Rahmen der geschuldeten Arbeitszeit hinaus auch auf Zeiten der Teilnahme an einem Arbeitskampf erstrecken wollen, hätten sie dies eindeutig zum Ausdruck bringen müssen. Daran fehlt es.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers im Beschwerdeverfahren rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhaltes. Denn es enthält keinerlei neue, nach Inhalt, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierten Tatsachenvortrag, der zu einem anderen Ergebnis führen könnte. Deutlich wird lediglich, dass der Beschwerdeführer die Auslegung der Betriebsvereinbarung durch das Arbeitsgericht, der die Kammer vollinhaltlich folgt, nicht teilt. Das ist legitim, erfordert aber vorliegend keine weiteren Ausführungen. Ob es insoweit auf eine Differenzierung zwischen der Teilnahme an einem rechtmäßigen oder rechtswidrigen Arbeitskampf ankommt, bedarf nach dem Sachvortrag der Beteiligten im vorliegend zu entscheidenden konkreten Einzelfall keiner abschließenden Beurteilung.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 92 ArbGG in Verbindung mit § 72 ArbGG war angesichts der gesetzlichen Kriterien keine Veranlassung gegeben.
Ende der Entscheidung
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